SY Yemanja: Lebe deinen Traum
Ende Mai 2014 setzten Steffi und Tomy Müller die Segel ihrer SY Yemanja und brachen auf zu neuen Ufern. Ob es einen Plan gab? Nein. Aber dafür umso mehr Träume und die ultimative Freiheit vor Augen! Auf ihrem Blog SY Yemanja berichtet Steffi Müller von ihren Erlebnissen und Eindrücken.
Ich habe als Jugendlicher sehr viele Bücher der Weltumsegler wie W. Erdmann etc. gelesen.
Wir haben mit den beiden darüber gesprochen, wie sie zum Segeln gekommen sind, was beide antreibt und haben sie von ihren Segel-Abenteuern berichten lassen. Was die beiden uns erzählt haben und welche Tipps sie für diejenigen haben, die auch vom Segeln träumen, erfahren Sie im folgenden Interview.
Steffi und Tomy Müller im Interview
segeln360: Wann haben Sie mit dem Segeln angefangen?
Steffi Müller: Gar nicht! Ich segle nicht, das macht mein Mann, ich bin nur Mädchen für alles an Bord…
Spaß beiseite, im Frühling 2009 habe ich meinen ersten Schein gemacht, 2010 den zweiten. Damals segelten wir mit einer Etap 21i auf den Maasplassen in Holland und in der Adria. Also ich weiß, worum es geht, kann mich aber einfach nicht fürs Segeln begeistern.
Tomy Müller: Ich habe als Schüler im Alter von 14 Jahren mit dem Segeln angefangen. Das war in Guidel/Bretagne, wo ich meine ersten Segelkurse absolvierte. Danach habe ich meine Segelscheine gemacht, damals noch A, BR und BK Schein.
segeln360: Warum haben Sie mit dem Segeln begonnen?
Tomy Müller: Ich habe als Jugendlicher sehr viele Bücher der Weltumsegler wie W. Erdmann etc. gelesen. Abgesehen davon hatte ich bereits als Kind einen sehr großen Bezug zum Meer.
Steffi Müller: Weil es der Traum meines Mannes war, um die Welt zu segeln, am liebsten mit mir. Er hat jahrzehntelang meine Träume unterstützt, stand immer hinter mir, egal, was ich mir gerade wieder für Verrücktheiten ausgedacht hatte. Jetzt bin ich dran, ihm einen Teil zurückzugeben. Das klingt jetzt nach einem kalten Deal, aber das ist es nicht. Es ist Verbundenheit, Füreinander da sein, gerne zusammen sein – oder einfach Liebe.
segeln360: Was löst das Segeln in Ihnen aus? Was motiviert Sie?
Tomy Müller: Die Natur, Wind, Wetter und Meer, mit all ihren Facetten erleben. Die Freude, nach einer längeren Fahrt anzukommen. Orte zu besuchen, die nur mit einem Schiff zu erreichen sind. Das Beschränken auf das Notwendigste und Dinge wieder schätzen zu lernen, die alltäglich geworden sind. Man lernt Demut, Achtsamkeit und Geduld.
Steffi Müller: Hinterm Steuer Rückenschmerzen, unter Deck Seekrankheit, sowie Langeweile oder Stress. Es gibt da diesen Spruch: Segeln ist die langsamste, unbequemste und teuerste Art, dahin zu reisen, wo man nicht hin will. Das trifft es doch gut! Außer, dass wir dahin kommen, wo wir hinwollen. Und genau das ist meine Motivation: Es gibt Orte, an die komme ich nur unter Segeln, die Ilha dos Lencois zum Beispiel. Es gibt Naturerlebnisse, die anders nicht möglich sind – wie stundenlang in einer riesigen Delfinschule zu schwimmen. Da sind Mond und Sterne, türkises Wasser, einsame Buchten, da ist eine Kraft, die nur in der Einsamkeit oder im Extremen erfahrbar wird. Sich selbst bezwingen gehört auch dazu. Das Leben wird so leichter, das Wesentliche und Wertvolle tritt hervor. Es macht glücklich!
segeln360: Wann entstand die Idee, eine Weltumsegelung machen zu wollen?
Steffi Müller: Für meinen Mann schon sehr früh, vermutlich, als er als Jugendlicher segeln lernte und von den Pionieren las, für mich so nach und nach.
Tomy Müller: Als Jugendlicher, nachdem ich die ersten Bücher der Weltumsegler gelesen hatte.
segeln360: Was war der bisher schönste Ort, den Sie gemeinsam besegelt haben?
Steffi Müller: Die Bretagne gehört zu den schönsten Gegenden der Welt, Portugals Schönheit hat uns überrascht, das beste Essen gibt es in Spanien. Madeira und La Palma sind Wanderparadiese und Santo Antao auf den Kap Verden hat eine der schönsten Berglandschaften.
In Brasilien liebe ich die Kultur, die Sprache, die Menschen, die Strände, das ist meine dritte Heimat. Surinam hat uns auch sehr beeindruckt. Ein schönster Ort? Gibt es nicht! Die Welt ist überall schön und die Menschen sind alle großartig!
Tomy Müller: Die Bretagne, Spanien und Portugal inklusive Madeira.
segeln360: Was denken Ihre Familie und Ihre Liebsten von Ihrer Weltumsegelung?
Steffi Müller: Wir werden vermisst und unterstützt. Am schwersten ist es vielleicht für meine 90 jährige Mutter, die mich gerne näher bei sich hätte. Andrerseits freuen sich alle mit uns, dass wir das machen können, dass wir einen Traum leben können. Das gibt auch die Gewissheit – wenn die das können, kann ich auch meine Träume leben. Aber es gibt auch ein paar, die uns Egoismus vorwerfen und aus deren Sicht ist das berechtigt.
Tomy Müller: Die Kinder und Enkelkinder vermissen uns. Auch unsere Nachbarn sind immer wieder froh, wenn wir für kurze Zeit mal wieder daheim sind. Wir genießen allseitige Unterstützung, sei es von unserer Familie Freunden oder Bekannten.
segeln360: Was ist Ihr Traumreiseziel?
Steffi Müller: Meine Segelfreundin Joanna sagt: Je mehr ich von der Welt sehe, umso schöner ist sie. Und deshalb ist meine Reise-Löffelliste sehr lang und beschränkt sich keineswegs auf Segelziele.
Aber um einen Traum zu nennen: Ich möchte Nordlichter sehen! Und in den Iran, nach Botswana, nach Rumänien, Georgien, England, Schottland, nach Myanmar und in die Mongolei… Hat alles wenig mit Segeln zu tun!
Tomy Müller: Es gibt keins, da es überall schön ist.
segeln360: Wie lange wollen Sie noch weiter die Welt besegeln?
Steffi Müller: Bis wir das nicht mehr wollen. Allerdings gibt es eine Einschränkung: Wir werden wohl nicht in den Pazifik gehen, aus der Welt-UM-segelung wird nichts. Wir mögen beide die langen Passagen nicht. Wir werden vermutlich in zwei, drei Jahren nach Europa zurückkehren. Da gibt es ja sehr schöne Segelreviere!
Tomy Müller: So lange wir weiterhin Spaß daran haben und fit sind.
segeln360: Wie finanzieren Sie die Weltumsegelung?
Steffi Müller: Durch Arbeit! Wir hatten das Glück, dass mein Mann oft im Ausland gearbeitet hat und das wird meist sehr gut bezahlt. Da konnten wir einiges zur Seite legen. Auch meine Herkunftsfamilie hat uns immer wieder unterstützt, so konnte unser Sparkonto schneller wachsen.
Tomy Müller: Mit Arbeit aus meinem „vorherigen Leben“, welches 40 Jahre dauerte.
segeln360: Gab es auch schon brenzlige Situationen an Bord?
Steffi Müller: Es gibt immer wieder unangenehme Situationen, bei denen man sich an seine Grenzen herantastet. Oder einfach nur Glück hat. Aber wirklich gefährlich war es bisher noch nie.
Tomy Müller: Es gibt des Öfteren spannende Situationen aus denen man wieder etwas Neues lernen kann. So richtig brenzlige Situationen habe ich noch keine erlebt.
segeln360: Was darf an Bord für Sie persönlich auf gar keinen Fall fehlen?
Steffi Müller: Mein Mann! Und Sisi! So heißt unsere Windsteueranlage. Sie ist unser zuverlässigstes Crewmitglied, unsere Lebensversicherung – ohne Sisi wären wir nie über den Atlantik gekommen.
Tomy Müller: Meine Frau. Erdnüsse und Schokolade für die Nachtwachen. Unser Windpilot Pacific Plus und das AIS System. Bücher.
segeln360: Was ist Ihr Segler-/Lebensmotto?
Steffi Müller: Ich lebe in einem freundlichen Universum mit freundlichen Menschen darin!
Tomy Müller: „Lebe deinen Traum“.
segeln360: Welche Tipps haben Sie für Leute, die auch vom Segeln rund um die Welt träumen?
Steffi Müller: Verantwortung für das eigene Leben übernehmen und niemand anderem Schuld an der eigenen Situation geben. Nicht jammern, sondern immer wieder auf das besinnen, was gut und richtig läuft. Sich klar werden, was man wirklich will. Oft sind unsere Ziele ja sehr widersprüchlich und die Widersprüche auch noch tief in uns verborgen. Jeden Tag etwas tun, das mit dem Traum zu tun hat. Das kann das Lesen eines Segelbuches oder Blogs sein, oder Blättern in einem Katalog, oder auch 50 Cent in eine Segelspardose werfen. Darf auch mehr sein.
Tomy Müller: Wahre die Achtung vor der Natur. Ich meine hiermit vor Wind, Wetter und Meer.
segeln360: Herzlichen Dank für Ihre Teilnahme an unserer Interview-Kampagne! Wir wünschen Ihnen weiterhin immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!
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